Vor der Weltversammlung ist in Indonesien auch der General Council der Mennonitischen Weltkonferenz zusammengekommen. Trotz schwierigen Umständen konnte das Gremium einige wichtige Themen besprechen. Dazu gehörte eine gemeinsame Erklärung zur Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen.
In den Tagen vor der Weltversammlung der Mennonitischen Weltkonferenz (MWK) in Indonesien hat sich auch der General Council der MWK getroffen. Im Gremium, das über die Finanzen der MWK und über alle gemeinsamen Erklärungen und Papiere entscheidet, sind alle Mitgliedskirchen mit einer bis drei delegierten Personen vertreten. Das Treffen fand vom 1. bis 4. Juli in Salatiga und unter schwierigen Umständen statt. Auch wenn Indonesien die Einreisebedingungen in Bezug auf Covid gelockert hatte, konnten viele Delegierte aus verschiedenen Gründen nicht anreisen oder mussten sich vertreten lassen. Bereits nach zwei von vier Tagen mussten die Sitzungen abgebrochen werden, da zu viele der Teilnehmenden positiv auf Corona getestet wurden und in Isolation gehen mussten, um eine weitere Verbreitung des Virus zu verhindern. Trotzdem konnte einiges an Arbeit geleistet werden.
Neuer Name und angepasster Mitgliederbeitrag
So stellte die Kommission für Glauben und Leben den Vorschlag vor, den Namen der MWK in «Anabaptist-Mennonite World Communion» zu ändern. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich viele Mitgliedskirchen nicht als «Mennoniten» bezeichnen. Die Delegierten wurden beauftragt, den Vorschlag in ihren Kirchen zu besprechen und dem Exekutivausschuss eine Rückmeldung zu geben. Der General Council wird bei seinem nächsten Treffen 2025 definitiv über den neuen Namen entscheiden. Eine weitere Änderung, die erläutert wurde, betrifft den Fair Share, den Mitgliederbeitrag der MWK . Dieser soll unter anderem für grosse Mitgliedskirchen gesenkt werden. Zudem sollen in Zukunft Spenden, die von Einzelpersonen und einzelnen Mennonitengemeinden direkt an die MWK gehen, nicht mehr dem Beitrag der Mitgliedskirchen angerechnet werden.
Diskussion zur Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen lanciert
Eine längere und angeregte Diskussion gab es zur Erklärung zur Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen, die von der Friedenskommission der MWK vorgestellt wurde. Sie war durch die Mennoniten in Südkorea angeregt und über mehrere Jahre hin erarbeitet worden. In dieser Zeit wurde in verschiedenen politischen Kontexten ausgetestet, was die Frage dort bedeutet: in Ghana und Nigeria, wo die Zivilgesellschaft unter dem Terrorismus durch Bokho Haram leidet; in Ländern Lateinamerikas, wo sich im Militär verschiedene Ebene vermischen, den Kampf gegen Drogenkriminalität, aber auch Bürgerkriege, wo die Armee Partei der Herrschenden werden kann. Aber niemand konnte voraussehen, dass der Abschluss und die Veröffentlichung der Erklärung nun in den Kontext des Kriegs in der Ukraine fallen würde und damit in die Diskussionen, ob dieser Vernichtungskrieg eine Revision der Friedenstheologie fordert.
Gewaltfreiheit im Angesicht von Kriegen
Die Erklärung konnte im Council nicht mehr zu Ende diskutiert werden, aber das Thema wurde lanciert und es kam zum Austausch über erste wichtige Fragen. Beispielsweise: Warum sollte der Krieg in der Ukraine eine Revision notwendig machen, und warum war eine solche Revision in anderen Konflikten bisher kein Thema? In der Vergangenheit waren die Kirchen in Nigeria in ihrer Entscheidung unterstützt worden, am Weg der Gewaltfreiheit festzuhalten. Ebenso erhielt die Kirche in Hongkong Solidaritätsbekundungen, in ihrer Suche nach dem Weg einer Friedenskirche, die sich nicht von den Polarisierungen von Regierung und Aufständischen einnehmen lässt. Das führte zur Frage ob im Kriege in der Ukraine nach anderen Massstäben gemessen wird als in anderen Konflikten. Das Gespräch drehte sich auch um die Fragen, ob sich die Wahrheit der Friedenstheologie immer an ihrer politischen Wirksamkeit messe, und wo da der Raum für das Kreuz, das Erleiden der Ohnmacht bleibt. Und in einem Workshop zu den Solidaritätsbesuchen der Diakoniekommission, mit denen Kirchen in Notlagen besucht werden, brachte Pablo Stucky aus Kolumbien ein, dass es vielleicht an der Zeit wäre, eine Delegation mit Geschwistern aus den Ländern, die ständig mit Gewalt konfrontiert sind, nach Westeuropa zu entsenden. Eine Delegation, die dort wichtige Anstösse im Ringen um die Frage von Gewaltfreiheit geben könnte.
«Wir sind das vergessene Volk!»
Zu den Treffen des Councils gehört auch, dass die Kirchen aus ihrem Leben erzählen. Der Krieg in der Ukraine war dabei mehrmals Thema. Alexander Neufeld von der Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Brüdergemeinden in Deutschland erzählte sehr berührend Geschichten von Geflohenen, vom unermüdlichen Einsatz der Pastoren und den Kirchen in der Ukraine. Davon, wie sie Geflohene aufnehmen und aus den Kriegsgebieten bringen und Hilfsgüter in die besetzten Gebiete bringen. Gleich danach erhielt Amos, der Vertreter aus Myanmar, das Wort: «Wir sind das vergessene Volk!», begann er seinen Beitrag. Er erzählte von 450’000 Familien, die in die Wälder geflohen sind, die Hälfte der über 50 Mennoniten-Gemeinden stehen unter ständigem Druck durch das Militär. Auch wenn diese Situation auch im Westen in der Tagespresse erscheint, haben die Geschwister in Myanmar den Eindruck, sie seien vergessen worden.
Bericht über systematische Verfolgung in Indien
Während in Indonesien eine Kultur von staatlich geförderter religiöser Toleranz gelebt wird, erleben Christ:innen in Indien das Gegenteil. Vikal Rao, Exekutiv-Sekretär der Mennoniten-Gemeinde in Dhamatari in Indien, Koordinator diverser Hilfsprojekte in Indien und Mitglied der Diakonie-Kommission der MWK, berichtete dem General Council von der systematischen Verfolgung durch die staatliche Verwaltung, die zum Ziel habe, Indien zu einem rein hinduistischen Staat zu machen. Alle nicht-hinduistischen Religionen werden dort systematisch ausgegrenzt. Zum Beispiel sei die Registrierung der Mennonite Christian Service Fellowship of India (MCFSI), in gewisser Weise ein Arm des Mennonite Central Committee in Indien, im letzten Jahr die Erneuerung verweigert. Zudem hat der Kongress in Indien ein Gesetz angenommen, dass Konversionen grundsätzlich verbietet. Religiöse Minderheiten müssen ihre Veranstaltungen bewilligen lassen, ohne Bewilligung wird eine Kirche geschlossen. Vikal meinte, dass die Christen auf die Ungerechtigkeiten hinweisen und mit sich mit legalen Mitteln dagegen wehren, denn offiziell gilt in Indien Glaubensfreiheit. Aber sie greifen nicht zu gewaltsamen Protesten (mehr dazu im Interview mit Vikal Rao auf www.mwc-cmm.org).
Weltkonferenz zählt neu 109 Mitglieder
Trotz der verkürzten Dauer des Treffens, fand der General Council neben der Diskussion um die Militärdienstverweigerung und den Berichten aus den einzelnen Mitgliedskirchen auch Zeit, verschiedene Entscheidungen zu fällen: Das Gremium bestätigte die Ernennung von neuen Kommissionsvorsitzenden und neuen Mitglieder für das Executive Committees sowie von Lisa Carr-Pries als Vizepräsidentin der MWK. Die Kanadierin ersetzt Rebecca Osiro, die wegen familiärer Verpflichtungen vorzeitig aus ihrem Amt zurückgetreten ist. Weiter stimmte der Council der Aufnahme von zwei neuen nationalen Mitgliedskirchen zu. Neu gehören die Communauté Mennonite de Kinshasa aus der demokratischen Republik Kongo und die Mennonite Brethren Church in Malawi zur Weltkonferenz, die damit 109 Mitglieder zählt.
Text:
Jürg Bräker