Seit dem 1. August ist Sophie Hege die neue Geschäftsleiterin der Schweizerischen Mennonitischen Mission. Sie arbeitet mit Cédric Geiser und Rodolphe Gerber zusammen, die kürzlich als Co-Präsidenten des Missions- und Hilfswerks der Schweizer Mennoniten gewählt wurden. Ein neues Team bedeutet auch neue Perspektiven.
Es hat sich abgezeichnet, nun ist es soweit: 2024 wird sich bei der Schweizerischen Mennonitischen Mission (SMM) einiges tun. Seit dem 1. August steht ein neues Gesicht an der Spitze des Missions- und Hilfswerks der Schweizer Mennoniten. Sophie Hege hat die Leitung der Organisation von Max Wiedmer und Heike Geist übernommen, die sich nach dreizehn Jahren neuen Herausforderungen zugewandt haben. Auch im Vorstand hat es Veränderungen gegeben: Seit März bilden Cédric Geiser und Rodolphe Gerber das Co-Präsidium der SMM.
In einem Interview mit menno.ch im Sommer 2023 wiesen Max Wiedmer und Heike Geist unter anderem darauf hin, dass neue Formen von Auslandeinsätzen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit nötig seien. Zudem machten sie auf den Bedarf an Missionsprojekten in der Schweiz aufmerksam und sprachen über die Rolle, welche die SMM für jene Schweizer Mennonitengemeinden spielen könnte, die mit sinkenden Mitgliederzahlen konfrontiert sind. Sind sich die neuen Verantwortlichen der SMM mit ihren Vorgängern einig, was die langfristige Vision und die Ziele der Organisation angeht?
Von Laos bis zu Lebensmitteln… Mission in all ihren Formen
Die sechsunddreissigjährige Sophie Hege interessiert sich schon seit Langem für das Thema Mission. Nach ihrer Rückkehr von einem vierjährigen Missionseinsatz in Laos arbeitete sie an den Missionsseiten von Christ Seul mit, der Zeitschrift der französischen Mennoniten: «Ich wurde gebeten, regelmässig über die Personen zu berichten, die von den Mennonitengemeinden in Frankreich für Einsätze ins Ausland gesandt wurden. Es war interessant, daran mitzuwirken, den Gemeinden Mut zu machen, immer nach aussen hin offen zu bleiben», sagt sie. «Und gleichzeitig auf dem Laufenden zu bleiben, was in der Welt passiert. Ich denke, es ist wichtig, als Kirche auch an der weltweiten Kirche teilzunehmen, nicht nur in der eigenen Ecke zu bleiben.» So kam eines zum anderen und heute ist Sophie Hege Geschäftsleiterin der SMM. Dabei ist sie motiviert, sich weiterhin sowohl für die Mennonitengemeinden als auch für die Personen, die in Missionseinsätzen sind, zu engagieren. «Ich bin sehr dankbar für diese Stelle. Am Anfang wird es vor allem darum gehen, die Gemeinden und die Auslandmitarbeiter kennenzulernen.» Sophie Hege, die sich trotz ihrer Schweizer Staatsbürgerschaft bisher in französischen Mennonitenkreisen bewegt hat, ist bereits dabei, die Mennonitengemeinden in der Schweiz kennenzulernen. «Diese Art der Missionsarbeit liegt mir besonders am Herzen», betont sie.
Sophie Hege ist die neue Geschäftsleiterin der SMM.
In den fünf Jahren zwischen ihrer Rückkehr aus Laos und dem Stellenantritt bei der SMM arbeitete die ausgebildete Agraringenieurin für ein Projekt, das Menschen in prekären Situationen Zugang zu Nahrung verschafft. «Zu unseren täuferischen Werten gehören die Förderung von Frieden und Versöhnung, aber auch Gastfreundschaft und das Engagement für Gerechtigkeit.» Und die neue SMM-Geschäftsleiterin ergänzt: «Wie verstehen wir das Evangelium? Was bedeutet es, Jesus nachzufolgen? Und wie leben wir Nachfolge als Mennonitengemeinden? Diese Fragen haben mich dazu bewogen, mich für die SMM zu engagieren.»
Eine Berufung, die sich endlich konkretisiert
Im Vorstand teilen sich Cédric Geiser und Rodolphe Gerber seit sechs Monaten das Präsidium. Cédric Geiser engagiert sich erst seit kurzem für die SMM: «Meine Frau Jolanda und ich haben unsere Gemeinde beide an den Delegiertenversammlungen der Konferenz der Mennoniten der Schweiz vertreten. Auf diesem Weg hatten wir viel Kontakt mit Max Wiedmer und der SMM. Nach und nach entstand der Wunsch, sich im Vorstand der Organisation zu engagieren, zunächst jedoch nicht unbedingt als Präsident. In Gesprächen mit Rodolphe Gerber wurde die Sache dann konkret.» Cédric Geiser ist seit achtundzwanzig Jahren mit Jolanda verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern. Zusammen mit seiner Frau führt er einen Landwirtschaftsbetrieb in der Nähe von Chaumont und gehört der Eglise Evangélique Mennonite des Bulles an.
Cédric Geiser ist Co-Präsident der SMM und Mitglied der Église Évangélique Mennonite Les Bulles.
Für den fast Fünfzigjährigen ist die missionarische Dimension letztlich das stärkste Band zwischen den verschiedenen Mennonitengemeinden. Seit seiner Jugend geniesst er die verschiedenen Treffen und Konferenzen zum Thema Mission, die immer wieder von anderen Gemeinschaften organisiert werden. «Ich spürte da immer eine Art Ruf zur Mission. Er hat sich aber nie konkretisiert. Dann hatten wir die Möglichkeit, einen grossen Bauernhof zu übernehmen, und damit war unsere Richtung klar.» Ist sein neues Engagement eine Möglichkeit, die nie erfüllte Berufung in die Missionsarbeit nachzuholen? «Ja, das ist eindeutig eine Gelegenheit, mich in die Mission einzubringen. Ich freue mich darauf, zu sehen, wohin mich dieses Engagement führen wird, und ich bin froh, dass ich es mit Rodolphe Gerber tun kann.» Er merkt zudem an, dass er in erster Linie eine echte Unterstützung für die Auslandmitarbeitenden der SMM sein möchte: «Sie brauchen einen Vorstand, eine Leitung, die sie eng begleitet und unterstützt, und in diesem Sinne wollte ich mich engagieren.»
Rückkehr in vertraute Gefilde
Rodolphe Gerber teilt diese Begeisterung. Er ist 58 Jahre alt, seit 32 Jahren mit Caroline verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern. Derzeit arbeitet er beim Schweizerischen Roten Kreuz im Bereich IT-Client-Management und gehört der Mennonitengemeinde in Bassecourt an. Nach einem viereinhalbjährigen missionarischen Einsatz in Madagaskar bei einer Luftfrachtorganisation hatte sich Rodolphe Gerber bereits von 2005 bis 2008 im Vorstand der SMM engagiert: «Damals versuchten wir, die Organisation zu digitalisieren. Aber das war vielleicht etwas zu früh», erinnert er sich. Fast zwanzig Jahre später war es für Rodolphe Gerber selbstverständlich, sich erneut zur Verfügung zu stellen, diesmal als Co-Präsident: «Als uns mitgeteilt wurde, dass die Zukunft der SMM auf dem Spiel stehe, hat mich das berührt. Heute bin ich sehr froh, Sophie Hege an unserer Seite begrüssen zu können. Sie ist jung und nicht ein weiterer alter Herr wie wir. Das ist eine willkommene Abwechslung.» Gerade diese Altersfrage stellt sich zu Recht, denn in den nächsten fünf Jahren werden fast 70 Prozent der SMM-Mitarbeitenden im Ausland das Rentenalter erreichen. «Es ist daher eine Verjüngung notwendig, und es stellen sich viele Fragen», kommentiert Rodolphe Gerber die Situation. «Vor allem auch die Frage, ob es noch zeitgemäss ist, Menschen für Einsätze ins Ausland zu schicken.»
Wie kann das Interesse an der Mission unter Jugendlichen geweckt werden?
Sophie Hege beschäftigt dieselbe Frage: «Menschen, die sich für einen Missionseinsatz entscheiden und sich 40 Jahre lang am selben Ort engagieren, also ein ganzes Leben lang, gibt es nicht mehr viele, vor allem nicht unter den Jungen. Wir müssen uns also fragen: Was ist Mission?» Sie fordert die Mennonitengemeinden dazu auf, ihre Rolle als Gemeinschaften von Jüngerinnen und Jüngern wahrzunehmen, ohne dabei die Aussendung von Menschen zu Einsätzen im Ausland zu vernachlässigen: «Der Auftrag Jesu, in die Welt zu gehen und alle Völker zu Jüngern zu machen, ist immer noch aktuell. Nur die Art und Weise, wie wir das tun, ändert sich. Und hier müssen wir den jungen Menschen und ihren Vorstellungen von Mission zuhören. Ich bin sofort dabei, bei jungen Menschen mehr Interesse für Missionsarbeit zu wecken, indem wir zum Beispiel über ihre Bedürfnisse und ihr Verständnis des missionarischen Rufs nachdenken.» Dies mit einer Offenheit für verschiedene neue Formate, einschliesslich kurzer Einsätze von sechs bis zwölf Monaten.
Grosszügig mit Geld statt mit Zeit
Eine weitere Herausforderung für die SMM ist die Tatsache, dass es quer durch alle Generationen an Menschen mangelt, die bereit sind, Zeit zu investieren: «Wir haben festgestellt, dass viele Menschen heute lieber Geld spenden, als ihre Zeit zu investieren, etwa für einen Einsatz im Ausland», sagt Cédric Geiser. «Das ist eine ernstzunehmende Entwicklung, die wir mit den Gemeinden analysieren müssen. Die nötigen Spenden kommen bei uns an, die Dinge laufen recht gut, aber die Frage des Nachwuchses stellt sich definitiv.» Das gehe so weit, dass eventuell sogar die Auslandeinsätze via SMM infrage gestellt werden müssten. In Bezug auf die Frage, wie es mit diesen weitergehen soll, sagt Rodolphe Gerber: «Ich denke, dass die Bedürfnisse in Zukunft vielleicht punktueller und spezifischer sein werden. Die Leute wollen nicht mehr ein Modell exportieren, das für uns gut funktioniert hat, aber nicht an die lokale Situation des Landes angepasst ist.» Und er weist auf erhebliche Veränderungen auf administrativer Ebene hin, je nach den Gesetzen der betroffenen Länder: «Es ist derzeit nicht geplant, aber es könnte doch einmal ein Thema werden, in Bezug auf administrative Fragen Synergien mit einer grösseren Missionsorganisation zu nutzen.»
Was uns verbindet
Obwohl noch nicht klar ist, in welche Richtung sich die SMM entwickeln wird, sind die drei Beteiligten entschlossen, jene Veränderungen herbeizuführen, die nötig sind, damit die Organisation weiterbestehen kann. Dabei wollen sie insbesondere auf die Beziehungen setzen, die die verschiedenen Gemeinden pflegen: «Im Gegensatz zu anderen Glaubensgemeinschaften oder kirchlichen Organisationen gibt es bei den Mennoniten keine Hierarchie, welche die Abläufe vorgibt, sondern einen ausgeprägten Sinn für gegenseitige Hilfe. Dieser ist in der Geschichte der Bewegung begründet», analysiert Rodolphe Gerber. «Wenn man sieht, dass amische Mennoniten zum Beispiel mit liberalen holländischen Mennoniten zusammenarbeiten, kommt man rasch zum Schluss, dass Hilfsprogramme oder -projekte die beste Brücke zwischen den Gemeinden darstellen.»
Auf Friedensmission
Cédric Geiser fügt hinzu, dass die mennonitischen Werte des Friedens und der Versöhnung «zu einer Mission werden, die es weiterzugeben gilt, in einem Kontext, in dem Kriege näher an uns heranrücken. Die Gewalt nimmt zu und damit auch das Bedürfnis nach Frieden und Versöhnung.» Sophie Hege stimmt dem zu: «Friede und die Möglichkeit, sich zu versöhnen, ergeben sich nicht aus den richtigen Methoden oder guten Taten. Es ist Gott, der uns beides gibt, und beides muss gepflegt werden. Das zu realisieren, hilft uns, an unserem Platz zu bleiben.»
Alle drei bedanken sich bei denjenigen, die sich für Missionsarbeit interessieren. «Wir sind immer glücklich, wenn über Mission gesprochen wird», fügt Rodolphe Gerber hinzu. «Man kann nie genug über das Thema reden!» Er forderte die Mennonitengemeinden auf, dafür zu beten, dass Sophie Hege sich schnell einlebt und einfachen Zugang zu den Gemeinden und den Auslandmitarbeitenden findet. Und die neue Geschäftsleiterin meint zum Schluss: «Wir leben in einer Welt mit so vielen verschiedenen Menschen, die Gott alle gleich wichtig sind. Ich halte es für wichtig, dass die Kirche weiterhin in die Mission investiert.»
Text:
Maude Burkhalter