Eco Church zeigt Kirchen auf, wie sie zum Schutz der Umwelt beitragen können. Das Programm wird von Interaction angeboten, dem Dachverband von 32 christlichen Entwicklungsorganisationen in der Schweiz. Matthieu Dobler Paganoni, Geschäftsführer von Interaction, erklärt im Interview wie Eco Church funktioniert und was er sich davon erhofft.
Wie steht es in den Kirchen der Schweiz um das Bewusstsein für Nachhaltigkeit, insbesondere ökologischer Nachhaltigkeit?
Matthieu Dobler Paganoni: Das ist wahrscheinlich sehr unterschiedlich ausgeprägt. Im Rahmen der sogenannten Ge-Na Studie zu sozialer Gerechtigkeit ökologischer Nachhaltigkeit, haben wir kürzlich eine Umfrage durchgeführt. Da standen genau solche Fragen im Zentrum. Unser Ziel ist, ein klareres Bild zu erhalten, wie die Situation in der Schweiz aussieht. Im Frühjahr 2024 werden die ersten Resultate veröffentlicht werden. Grundsätzlich ist sowohl gesamtgesellschaftlich wie auch in Kirchgemeinden das Bewusstsein für diese Themen in den letzten Jahren gestiegen. Was das dann aber konkret für Auswirkungen hat zum Beispiel in Bezug auf den kirchlichen Lebensstil ist nochmals eine andere Frage.
Wie passt Eco Church zum Auftrag von Interaction?
MDP: Als Dachverband von 32 christlichen Entwicklungsorganisationen verantwortet Interaction auch die Sensibilisierungskampagne StopArmut beziehungsweise StopPauvreté in der Romandie. Ziel der Kampagne ist es, insbesondere Christ:innen und Kirchen in der Schweiz für soziale Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit zu sensibilisieren. Interaction ist davon überzeugt, dass es nebst wirksamer Armutsbekämpfung in anderen Ländern auch bei uns selbst einen fundamentalen Wandel braucht. Denn globale Gerechtigkeit beginnt bei uns. Dazu sind auch Projekte wie Eco Church nötig, die aufzeigen, dass wir besonders in der Klimathematik zutiefst miteinander verbunden sind und unsere Entscheidungen hier direkte Auswirkungen auf Menschen anderswo haben.
Was will Interaction mit dem Programm konkret bewirken?
MDP: Eco Church versteht sich als eine Lern- und Vernetzungsplattform für Kirchgemeinden in der Schweiz, denen Gerechtigkeit und Schöpfungsbewahrung am Herzen liegen. Wir möchten diese Themen noch vertiefter im kirchlichen Gemeindeleben verankert sehen und eine erneuerte Spiritualität fördern. Zudem wollen wir konkrete Hilfestellungen bieten, damit Kirchgemeinden gemeinsam Schritte hin zu einem gerechteren und nachhaltigeren Leben gehen können. Es ist ein Beitrag für die notwendige sozial-ökologische Transformation. Wir erhoffen uns, dass durch die Plattform das Bewusstsein in Kirchen für diese Themen geschärft wird und eine «Eco-Church Bewegung» in der Schweiz in Gang kommt.
Wieso lohnt es sich, als Kirche bei Eco Church mitzumachen?
MDP: Weil man rasch und unkompliziert einsteigen kann mit einer spielerischen Online-Selbsteinschätzung und praktischen Tipps, welche sämtliche kirchliche Bereiche abdecken. Dazu gehören Gottesdienst & Lehre, Kirchengebäude, Umgebungsgestaltung, lokale und globale Vernetzung sowie kirchlicher Lebensstil. Eco Church bringt die Kirchen dazu, auf praktischer, spiritueller und integraler Ebene über die Umwelt nachzudenken. Es lenkt den Blick auf alle Bereiche des kirchlichen Lebens und regt dazu an, sich Gedanken zu machen über Aspekte, von denen man nie gedacht hätte, dass sie Auswirkungen auf die Umwelt haben. Es braucht dabei keine Öko-Expert:innen um loszulegen, sondern den Mut, erste Schritte gemeinsam zu wagen.
Wie erfolgreich ist das Programm bisher?
MDP: In der Romandie sind bereits knapp 40 Kirchen dabei. Dort heisst das Programm Eco Eglise und es hat sich eine tolle ökumenische Dynamik entwickelt zwischen fünf verschiedenen Organisationen, welche nebst Interaction beziehungsweise StopPauvreté das Projekt gemeinsam mittragen. Dazu gehören EPER, der Westschweizer Arm von HEKS, die Action de Carême, oeku und A Rocha. In der Deutschschweiz sind bis jetzt acht Kirchen dabei und einige weitere werden wohl in naher Zukunft dazustossen.
Matthieu Dobler Paganoni arbeitet als Geschäftsleiter von Interaction, dem Dachverband von 32 christlichen Entwicklungsorganisationen in der Schweiz. In dieser Rolle verantwortet er unter anderem das Programm Eco Church. Er ist Mitglied bei der Evangelischen Mennonitengemeinde Schänzli.
Wieso machen Kirchen mit? Was hindert sie daran?
MDP: Kirchen machen mit, weil Sie merken, dass Schöpfungsbewahrung und Gerechtigkeit keine Nebenschauplätze sind, sondern zentrale gesellschaftliche Herausforderungen und Anliegen, die eng mit der biblischen Botschaft und Gottes Auftrag an uns Menschen verknüpft sind. Gerade auch der jüngeren Generation sind diese Themen zunehmend wichtig und Kirchgemeinden können diesen Menschen mit Eco Church eine Plattform bieten, um sich aus einer christlichen Motivation heraus zu engagieren. Kirchen müssen aber auch viele verschiedene Themen jonglieren, sind zum Teil mit existentiellen Herausforderungen konfrontiert, wie Mitgliederschwund, Finanzen und vielem mehr. Gerade während Corona genossen sicher andere Fragen Vorrang. Zudem anerkennen viele Kirchgemeinden grundsätzlich die Wichtigkeit von Eco Church, teilen vielleicht auch die theologischen Überzeugungen aber machen dann doch nicht den ersten Schritt, um richtig aktiv zu werden. Die Wertehaltung und das effektive verbindliche Engagement sind oft zwei Paar Schuhe.
Wenn eine Kirche mitmachen will, was ist da der erste Schritt?
MDP: Zuerst bildet man ein Kernteam von zwei bis drei Leuten aus der eigenen Kirchgemeinde. Dann muss man sich beim Eco Church Network registrieren. Als drittes füllt man dann die Online-Selbsteinschätzung aus. Basierend darauf startet dann ein spannender Lernprozess in der eigenen Kirchgemeinde. Natürlich steht Interaction Kirchgemeinden bei jedem Schritt gerne zur Seite.
Interview:
Simon Rindlisbacher