Der Film «Women Talking» hat anfangs März den Oscar für das beste adaptierte Drehbuch gewonnen. Er zeigt die Geschichte von acht Frauen in einer Mennonitenkolonie in Bolivien, die entscheiden, wie sie auf Vergewaltigungen in ihrer Gemeinschaft reagieren. Der Film ist von wahren Ereignissen inspiriert. Max Wiedmer von der SMM hat den Film gesehen und schildert einige Eindrücke.
Bleiben oder gehen? Diese Frage steht im Mittelpunkt des «Women Talking» der Regisseurin Sarah Polley. Es ist die Frage, die sich die Frauen aus einer Mennonitenkolonie in Bolivien stellen, die von ihren Männern jahrelang heimlich missbraucht werden. Von den Ereignissen, die im Film geschildert werden, habe ich 2013 zum ersten Mal gehört. Damals habe ich Margrit und Freddy Kipfer in Bolivien besuchte, die dort für SMM arbeiten.
Bleiben oder gehen? Sarah Polley beleuchtet die Frage aus fast allen möglichen Blickwinkeln. Die Schauspielerinnen (und auch einige Schauspieler) spielen ihre Rollen so tiefgründig, dass ich bei mehreren Szenen Tränen in den Augen hatte. Nach der Vorführung habe ich das Kino traurig verlassen, weil ich wusste, dass die Geschichte auf wahren Begebenheiten beruht, die sich in einer Kolonie ereignet haben, die täuferische Wurzeln hat – und damit zu einer Bewegung gehört, die sich dem Pazifismus verpflichtet fühlt.
Der Kontext, in dem der Film spielt – eine ultrakonservative, in sich geschlossene Gemeinde – scheint im ersten Moment fremd und weit weg. Und doch habe ich mich gefragt, ob es nicht auch in unseren europäischen mennonitischen Gemeinden und anderswo auf der Welt zu sexueller Gewalt gekommen sein könnte. Dank der #metoo-Bewegung getrauen sich immer mehr Menschen, über solche Taten zu reden. Und das ist gut so.
Im Film geht es um die Komplexität von Vergebung, die Schwierigkeit, die Entscheidung zu treffen, zu bleiben (und zu leiden) oder zu gehen (und weniger zu leiden). Wer hat UNSERE Gemeinden nach derartigen Gewalterlebnissen verlassen? Wer ist geblieben und hat weiter gelitten? Beide Entscheidungen hinterlassen tiefe Spuren.
Der Film endet damit, dass sich die Frauen entscheiden, den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen und gleichzeitig ihren Glauben zu bewahren. Auch auf dieser Ebene sendet er eine sehr starke Botschaft. «Women Talking», was ich mit «Worte von Frauen» übersetzen würde, zeigt, wie wichtig es ist, miteinander zu sprechen, um konkret zu handeln. Ich hoffe, dass es zu authentischen Gesprächen zum Schutz unserer Mitmenschen kommt.
Text:
Max Wiedmer
«Der Film hat mich erschüttert»
Jetzt lesen, was «Women Talking» bei Riki Neufeld ausgelöst hat. Der Pastor der Evangelischen Mennonitengemeinde Schänzli hat seine Gedanken mit kath.ch geteilt.